Nuggets ausgraben
Eine Menge neuer Texte sehe ich, seit ich eine Rudermaschine im Keller habe. Ich plane jeden Morgen, was ich mir in der nächsten halben Stunde oder so an Film, Text oder Podcast reinziehe. Und im Lauf der Zeit kommt da einiges zusammen.
Ich werde in unregelmäßigen Abständen solche Nuggets veröffentlichen, die mir beim Rudern untergekommen sind.
Neulich bin ich über den „VSM Guide[^1]“ von Jon Walker gestolpert. Jon hat ihn geschrieben, um Community-Organisationen eine Handhabe zu geben, wie sie ihre Arbeit effektiv organisieren können – und hat dazu das Viable System Model praxisnah dargestellt.
Das hat meinem Verständnis des Viable System Model einen neuen Dreh gegeben. Aus der Diagnose-Perspektive betrachtet, bietet es ja eine Menge an Werkzeugen zum Aufdecken von Defiziten und Dysfunktionalitäten in Organisationen. Es stellt aber auch praktische, ganz konkrete Prinzipien für Teamgestaltung bereit. Und was mich erstaunt hat, ist wie nah diese Vorschläge an denen sind, die wir für agile Teams und Organisationen verwenden.
Mein Multi-Methoden rant
Warum grabei wir nicht systematischer nach solchen Ideen? Praktiken, die wir unter Agil einordnen können, gab es schon lange vor agil, und wir sollten dringend aus unserer Filterblase ausbrechen. Da draussen sind unglaubliche Schätze zu finden – jeder Pirat würde sein ganzes Gold dafür versenken.
Wir haben sein Jahren hart daran gearbeitet, Dinge wieder zu erfinden – auch wenn die alten besser recherchiert, besser theoretisch abgesichert und konsistenter waren. Das ist schade: es verschwendet Ressourcen, es macht uns kontroverser und es begrenzt die Anschlussmöglichkeiten an Leute aus anderen Kontexten, die genauso schlau sind wie wir.
Designing Autonomy
Es ist von entscheidender Bedeutung, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass alle operativen Einheiten so autonom wie möglich arbeiten können.
Dazu benötigen sie
- Individuelle Mission Statements
- Budgets für die Ressourcen, die sie zur Erfüllung ihres Auftrags benötigen.
- Eine Vereinbarung, dass sie über ihre eigene interne Entwicklung entscheiden können, solange sie im Rahmen des vereinbarten Auftrags arbeiten.
Es muss auch sichergestellt werden, dass die Einheiten die Gesamtlebensfähigkeit der Organisation, zu der sie gehören, nicht gefährden können.
Daher
- Sie müssen verantwortlich (accountable) handeln und nachweisen können, dass sie nach dem vereinbarten Plan arbeiten.
- Es muss im Voraus vereinbarte Interventionsregeln geben, was bedeutet, dass die Autonomie unter bestimmten Bedingungen verwirkt ist. Das Worst-Case-Szenario muss im Voraus berücksichtigt werden.
klingt vertraut?
Es ist nicht genau dasselbe wie wenn man über den Arbeitsprozess in einem agile Team diskutiert – aber es ist eine zweite Sichtweise, nämlich die Aussensicht auf ein Team.
Bonus: die VSM-Regeln lassen sich auf jede Ebene anwenden. Dazu mehr im nächsten Beitrag.
Und: der VSM-Guide ist von 1991, und damals war das VSM selbst schon 20 Jahre alt. Es wurde in einem großen Experiment in Chile 1971-1973 eingesetzt – damals, als in Chile fast das Internet erfunden worden wäre – das ist mein Cliffhanger für heute.
[1] im Web unter vsmg.lrc.org.uk